Von Pol Pot lernen, heißt siegen lernen!

Die Wiederwahl von Winfried Kretschmann ist der Höhepunkt einer fürwahr erstaunlichen Karriere vom Funktionär des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW) zum obersten Funktionär des Landes Baden-Württemberg. Da bietet sich ein kleiner, historischer Exkurs an, denn es ist generell ein erstaunliches Phänomen, wie viele der Führungskader dieser maoistischen Politsekte hohe und höchste Ämter in der bundesdeutschen Politik innehatten und -haben.

  • Reinhard Bütikofer: 1988 bis 1996 MdL BW, 2002 bis 2008 Bundesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen, seit 2009 MdEP
  • Winfried Kretschmann: 1988 bis 1992 und seit 1996 MdL BW, seit 2011 MP BW
  • Ursula Lötzer: 1992 PDS, Leitungskreis "Sozialistische Linke", 1998 bis 2002 und 2005 bis 2013 MdB (2013 aus Altersgründen nicht wieder angetreten)
  • Krista Sager: 1997 bis 2001 Zweite Bürgermeisterin und Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung in Hamburg, 2002 bis 2013 MdB, 2009 bis 2013 Obfrau im Bildungs- und Forschungsausschuss des Bundestages (2013 aus Altersgründen nicht wieder angetreten)
  • Ulla Schmidt: seit 1990 MdB (SPD), 2001 bis 2009 Bundesministerin für Gesundheit, 2013 bis 2017 Bundestags-Vizepräsidentin (2021 tritt sie aus Altersgründen nicht wieder an)
  • Die illusterste Figur in dieser, den Eindruck eines postkommunistischen Gruselkabinetts erweckenden Truppe ist Joscha Schmierer, seinerzeit Erster Sekretär des Zentralkomitees des KBW. Er war - nun bekennender Verfechter einer Außenpolitik als "konsequente Weltinnenpolitik", was ja auch eine Art Internationalismus ist, wenn auch kein proletarischer - von 1999 bis 2007 Mitarbeiter im Planungsstab des Auswärtigen Amts unter den Bundesaußenministern Joschka Fischer und Frank-Walter Steinmeier und als solcher zuständig für Grundsatzfragen der Europapolitik, was den Konflikt in den Resten der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien einschloss. Nach seinem Job im Auswärtigen Amt fand er die "Weltinnenpolitik" nicht mehr ganz so toll. Eines muss man ihm lassen - wandlungsfähig ist er, der feine Herr Schmierer.

Diese Leute sahen als Kader des KBW einst ihre politische Ideale und Ziele in Maos China, in Enver Hoxhas Albanien und in Pol Pots Kampuchea der Roten Khmer - Stichwort "Killing Fields" - verwirklicht, was dann beispielsweise so klang: »Laßt uns weiterhin entschlossen das Banner des Sieges der ruhmreichen Kommunistischen Partei Kampucheas hochhalten, um das Demokratische Kampuchea zu verteidigen, die sozialistische Revolution fortzuführen und den Sozialismus aufzubauen!« (27.09.1978) Joscha Schmierer reiste im Dezember 1978 mit einer Delegation des KBW zu einem Solidaritätsbesuch zu Pol Pot nach Kambodscha und sandte ihm noch 1980 eine Solidaritätsadresse, die so lautete:

»Durch seinen langanhaltenden Befreiungskampf gegen den US-Imperialismus, der durch den Sieg vom 17. April gekrönt wurde, durch die Erfolge beim Wiederaufbau des Landes und beim Aufbau des Sozialismus in Kampuchea hat das kampucheanische Volk bereits große Beiträge zur Sache der internationalen Arbeiterklasse und der Völker der Welt geleistet. Durch seinen jetzigen Widerstandskrieg leistet das Volk von Kampuchea erneut einen entscheidenden Beitrag für die Sache der internationalen Arbeiterklasse und der Völker der Welt. Durch diesen Kampf verteidigt es seine nationale Existenz, sein Land und seine Unabhängigkeit. Dieser Kampf durchkreuzt das weitere Vordringen der Sowjetunion in Südostasien und verteidigt damit auch die Unabhängigkeit der Völker Südostasiens und der Welt.«
Joscha Schmierer in der Parteizeitung "Kommunistische Volkszeitung" vom 21.04.1980
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Joscha_Schmierer

Falls jemand mit dem Topos "Killing Fields" nichts anfangen kann - "das Banner des Sieges der ruhmreichen Kommunistischen Partei Kampucheas" hinterließ in einem historisch und weltweit einmaligen und spätestens seit 1977 bekannten Verbrechen (François Ponchaud: Cambodge année zéro, 1977), für das mit dem Wort "Autogenozid" ein eigener Begriff gefunden werden musste, nach Angaben des Rote-Khmer-Tribunal (Extraordinary Chambers in the Courts of Cambodia) 1,6 Millionen bis 2,2 Millionen tote Kambodschaner - von ursprünglich 8 Millionen.

Klaus Bittermann hat mit der ihm eigenen spitzen Feder die seltsame Wandlung des Joscha Schmierer und seiner Genossen und Genossinnen so beschrieben:

»Spätestens seit der Wiedervereinigung ließ sich unter den ehemaligen Häuptlingen und Unterhäuptlingen der linken Bewegung ein eigenartiges Rumoren und Scharren beobachten. Der bereits verblichene DDR-Sozialismus mit nuschelndem Antlitz wurde als Schreckgespenst noch einmal wiederbelebt, damit die ehemaligen Experten in Sachen Revolution und Partei den Leichnam noch einmal kräftig ausschimpfen konnten. Man tat dies zäh und ausdauernd, und erstaunlicherweise hatten sie mit dieser Konformistenmasche Erfolg. Vereinzelte Gegenwehr konservativer Kritiker, welche darauf hinwiesen, dass beispielsweise Joseph Fischers Bücher zur Lage der Nation nichts enthielten, was im rechten Lager nicht schon lange Konsens sei, konnte den Vormarsch der neuen Warn- und Mahngemeinschaft in wichtige Positionen der Politik, der Medien und des öffentlichen Lebens nicht verhindern. [...] Joscha Schmierer bekannte in der FAZ, dass "Demokratie von Anfang an im Zentrum der Auseinandersetzung stand". Das war sehr lustig, erfuhr man doch nur wenige Tage später in der gleichen Zeitung, dass Joscha Schmierer 1968 als Clint Eastwood verkleidet, d.h. mit Hut, Poncho und Zigarette im Mundwinkel in Heidelberg herumgelaufen sei, peinlich genau auf "das Image des Freibeuters und Kopfgeldjägers" bedacht. Kurze Zeit später legte er die Kostümierung ab und nahm nicht nur in seiner neuen Rolle als ZK-Sekretär seinen bürgerlichen Vornamen Hans-Gerhard wieder an, sondern wollte als Replikant Josef Bachmanns "Parasiten" und "kleinbürgerliche Elemente" in einer Fischmehlfabrik "umerziehen". Statt bei sich selbst anzufangen wurde aus dem Mini-Pol-Pot mit den Ausrottungsphantasien ein "europäischer Vordenker", der als Chef der Zeitschrift Kommune mit ganz ähnlichen, dafür aber staatlich abgesegneten Phantasien nunmehr vehement für den Eintritt Deutschlands in den Krieg gegen Jugoslawien stritt. Diese Haltung wurde mit einem Posten in Fischers Auswärtigem Amt belohnt. [...] Ja, Joscha Schmierer liegt das Wohlergehen Deutschlands am Herzen, und was immer er tat, er tat es für Deutschland. Das ist schön, das ist erhebend. In den langen Nächten der Rehabilitierung und Zerknirschung wird sich Schmierer immer wieder die gleiche Frage wie Joseph Fischer gestellt haben, der auch nicht mehr wusste, warum er eigentlich nicht von Anfang an den "geraden Weg" gewählt habe.«
Klaus Bittermann im "Live-Magazin", Juli 2001. Quelle (Memento):
https://web.archive.org/.../www.live-magazin.de/rubriken/whoswho/who0103.htm
Interessant ist auch dieser Artikel im Spiegel vom 29.01.2001 "Salz in der grünen Suppe. Wieweit die Altkommunisten die Ökopartei infiltrierten, dominierten und finanzierten"
(Memento): https://web.archive.org/.../www.spiegel.de/spiegel/0,1518,116136,00.html

Hat sich eine/r der solcherart Politikbetreibenden zur KBW-Zeit geäußert? Schließlich standen wöchentliche Übungen in Kritik und Selbstkritik auf dem Schulungsplan jeder kommunistischer Kaderpartei. Nein, sie taten es nicht wirklich. Zwar bezeichnete Kretschmann 2011 um seine erste Wahl zum MP herum diese Zeit auf seiner Netzseite als "fundamentalen politischen Irrtum", da konnten aus Opportunitätsgründen drei, vier Krümel Asche aufs Haupt nicht schaden. Heute will er aber nicht mehr so weit gehen, jetzt heißt es auf seiner Netzseite, er "durchlebte einige Irrungen und Wirrungen" in jenen Jahren. Kretschmanns Erster Sekretär Joscha Schmierer fand es wohl witzig, im Februar 2001 gegenüber dem Tagesspiegel zu betonen, dass es ihm im Grunde immer um Demokratie gegangen wäre und die wäre bekanntermaßen kein "Deckchensticken".