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Dummheit und Idiotie - eine erweiterte Begriffsbestimmung

Hin und wieder, mitunter auch häufiger, verwende ich die Begriffe Idiot und Idiotie beziehungsweise das Adjektiv idiotisch zur Beschreibung von Personen und Sachverhalten, was in der Regel falsch, nämlich pejorativ oder gar beleidigend verstanden wird. Die Begriffe sind meinerseits aber deskriptiv gemeint, die Beleidigung oder Abwertung ist die Interpretation des Lesers. Deshalb möchte ich hier etwas ausführlicher erläutern, weshalb die Begriffe beschreibender Natur sind.

»Wenn ich ein Wort gebrauche,« sagte Humpty Dumpty in ziemlich verächtlichem Ton, »heißt es genau das, was ich als Bedeutung wähle - nicht mehr und nicht weniger.«
»Die Frage ist,« sagte Alice, »ob Sie Wörter so viel anderes bedeuten lassen können.«
»Die Frage ist,« sagte Humpty Dumpty, "wer der Herr ist - das ist alles.«
Lewis Carroll: Alice hinter den Spiegeln [1 Quelle]

Ich berufe mich dabei auf den französischen Philosophen André Glucksmann, doch zunächst ist ein kleiner Exkurs in die Semiotik zur Klärung der Begrifflichkeit erforderlich. Die Semiotik, mitunter auch Zeichentheorie genannt, ist eine Wissenschaft, die sich mit Zeichensystemen aller Art befasst, worunter beispielsweise Bildschrift, Verkehrs- und Hinweiszeichen, Formeln und eben auch Schrift und Sprache zu verstehen sind. Die vielleicht bedeutendsten Forscher auf dem Gebiet der Semiotik waren Ferdinand de Saussure und Charles Sanders Peirce, aber auch - gleichwohl er Philosoph und Logiker war - Ludwig Wittgenstein ist hier zu nennen. Warum halte ich in dem hier besprochenen Kontext einen Ausflug in die Semiotik für relevant? Weil diese sich, konkret de Saussure, mit dem Verhältnis von Signifikant als etwas Bezeichnendes und Signifikat als etwas Bezeichnetes befasst. Das Signifikat ist das Vorstellungsbild, also der Begriff nebst seiner Bedeutung als solcher, auf das mit dem Signifikanten referiert, verwiesen wird. Der Signifikant ist eine Folge von Buchstaben oder Lauten, kann aber auch ein Zeichen oder eine Zusammensetzung verschiedener Elemente wie ein Plakat sein, womit eine Mehrfachreferenzierung auf das Signifikat erfolgt. Hier kommt nun Glucksmann [2 Notiz] ins Spiel, doch vorab meine These, die mich zur gelegentlichen Beschreibung von Personen oder Sachverhalten als idiotisch veranlasst:

Was wir derzeit gezwungen sind zu erleben, ist die Machtübernahme der Idiotie und die Idiotisierung der westlichen Gesellschaft.

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Glucksmann veröffentlichte im Jahr 1985 ein Buch mit dem Titel "La Bêtise", das 1988 in Deutschland unter dem Titel "Die Macht der Dummheit" erschien. [3 Quelle] Darin trifft er einige bemerkenswerte und heute höchst aktuelle Feststellungen, aus denen ich meine These ableite. In einem Parcours durch die Geschichte schildert Glucksmann zahlreiche Beispiele praktizierter Idiotie und beschreibt die gesellschaftliche und politische Dimension derselben. Dabei unterscheidet Glucksmann zwischen Dummheit und Idiotie, wobei er nach zahlreichen Beispielen aus Geschichte und Politik zunächst im Kapitel "Die Dummheit als Daseinsform und als Logik" gewissermaßen eine Theorie der Dummheit entwickelt.

»Die Dummheit dagegen tritt aktiv und dünkelhaft, nicht schwächlich in Erscheinung. Sie ist die Krankheit des Starken, nicht die des Schwachen, ihre Selbstsicherheit ist verblüffend: "Haben Sie schon einmal, lieber alter Freund, über die erstaunliche Seelenruhe der Dummköpfe nachgedacht? Die Dummheit besitzt eine gewisse Unerschütterlichkeit; jede Art von Angriff prallt an ihr ab. Sie hat die Festigkeit des Granits, sie ist hart und bruchfest. In Alexandria hat ein gewisser Thompson aus Sunderland seinen Namen in sechs Fuß großen Buchstaben in die Säule des Pompeius gemeißelt - zu lesen in einer Entfernung von einer Viertelmeile. Man kann die Säule nicht sehen, ohne auch den Namen Thompson zu sehen, folglich nicht ohne an Thompson zu denken. Dieser Hornochse hat sich zu einem Bestandteil des Denkmals gemacht und in ihm verewigt." (Flaubert, Brief an L. Bouilhet).« [Hier irrt sich Glucksmann, Flauberts Brief vom 6. Oktober 1850 war nicht an Louis Bouilhet adressiert, sondern an seinen Onkel François Parain. 4 Quelle]

»Der Dumme ist auf seine Weise ein Künstler; er möchte seine Existenz in eine Wesenheit und das Vergängliche in Ewigkeit verwandeln, und als avantgardistischer Schöpfer bekümmert es ihn nur wenig, dass er dabei den Sockel zerstört, auf den er sich für immer eingravieren will.«
Glucksmann S. 180f.

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Schon ein Sprichwort aus dem Mittelalter brachte das von Flaubert geschilderte Phänomen auf den Punkt: »Nomina stultorum leguntur ubique locorum.« (Überall stehen die Namen der Dummköpfe geschrieben.) [5 Quelle] Ein beeindruckendes Beispiel für wahrhaft exorbitante Dummheit ist Keith B. Alexander. Der ehemalige, weil mittlerweile pensionierte US-amerikanische General ist für alle, die sich daran erinnern, als Schlüsselfigur in der Überwachungs- und Spionageaffäre der NSA bekannt, die durch Edward Snowdens Enthüllungen eine zwar zunächst breite, aber dann sehr kurz währende, öffentliche Aufmerksamkeit fand. [6 Notiz] Keith B. Alexander war ab November 2000 als Kommandierender General des U.S. Army Intelligence and Security Command, ab August 2005 als Direktor der National Security Agency und ab Oktober 2009 als Kommandeur über das neu eingerichtete United States Cyber Command tätig, bis er als Folge der NSA-Affäre Ende März 2014 aus dem aktiven Militärdienst ausschied. Ich will hier nicht auf Alexanders Wirken als exemplarisch für die Verlogenheit und Verschlagenheit des US-amerikanischen Establishments gleich welcher politischen Provenienz eingehen, interessant ist der Ex-General wegen des grotesken Monuments absoluter Dummheit, das er sich errichtete - und zwar in Gestalt seiner Kommandozentrale in der NSA, die er als Imitation der Befehlsbrücke des Science-Fiction-Raumschiffs Enterprise von Kulissenbauern aus Hollywood errichten ließ und die er, des Irrsinns nicht genug, auch noch "Information Dominance Center" nannte. [7 Quelle]

Das renommierte, 1970 von Samuel P. Huntington gegründete Fachmagazin für US-amerikanische Außenpolitik "Foreign Policy" widmete am 3. September 2013 Alexander im Kontext der NSA-Affäre einen langen Artikel unter der Überschrift "The Cowboy of the NSA" [8 Quelle] und beschreibt sein "Büro" so:

»When he was running the Army's Intelligence and Security Command, Alexander brought many of his future allies down to Fort Belvoir for a tour of his base of operations, a facility known as the Information Dominance Center. It had been designed by a Hollywood set designer to mimic the bridge of the starship Enterprise from Star Trek, complete with chrome panels, computer stations, a huge TV monitor on the forward wall, and doors that made a 'whoosh' sound when they slid open and closed. Lawmakers and other important officials took turns sitting in a leather 'captain's chair' in the center of the room and watched as Alexander, a lover of science-fiction movies, showed off his data tools on the big screen.«

Zwar war Alexanders Militärkarriere nach dem NSA-Skandal beendet, doch er wusste sein, nun ja, profundes Fachwissen anderweitig zu vermarkten, und zwar als Unternehmensberater in Sachen Informationssicherheit und Cyberwar, was seine Kunden etwa 600.000 US-Dollar pro Monat (Juni 2014) kostete. Das waren beispielsweise The Clearing House und Financial Services Roundtable, die mittlerweile im Bank Policy Institute aufgegangen sind, einer mächtigen und weltweit agierenden Finanzlobby. [9 Quelle]
An der Person des Keith Alexander werden zwei grundsätzliche Probleme mit der Dummheit deutlich. Einerseits wird Dummheit landläufig mit mangelnder Bildung und unzureichenden kognitiven Fähigkeiten gleichgesetzt und als Schwäche wahrgenommen. Sie ist aber weder das eine noch das andere. Der Begriff "Dummheit" beschreibt nicht die Summe intellektueller Mängel, sondern - wie wir weiter unten sehen werden - eine Geisteshaltung, die freilich von kognitiver Minderleistung begleitet werden kann, aber eben nicht muss. Andererseits ist gegen Dummheit kein Kraut gewachsen. Es ist reine Zeitverschwendung, ihr mit Vernunft oder gar argumentativ beikommen zu wollen, nichts dergleichen ficht sie an. Glucksmann beschreibt das Problem so:

»Es ist vergeblich, klüger sein zu wollen als die Dummheit und mit ihrem Dünkel wetteifern zu wollen. Es ist vergeblich, sie zu karikieren und darauf zu hoffen, dass sie sich bis ins Groteske verzerrt und dann in Wohlgefallen auflöst. Es ist vergeblich, ihr den Rücken zuzukehren, ihre Realität zu ignorieren. [...] Unabhängig von der Frage nach dem Urheber- und Kontrollrecht breitet sich die Dummheit aus, anonym, beständig, dominant. Sie behauptet sich kraft ihrer eigenen Mittel, setzt beharrlich den Weg ihrer Logik fort, funktioniert unwillkürlich wie die Ursache ihrer selbst. Sie ist ihr eigener Vater und ihre eigene Mutter. [...] Am Anfang ist die Dummheit eine gewöhnliche Evidenz und unser tägliches Brot. Ausgehend von ihr - und davon ausgehend - begründen Weisheit, Wissenschaft und Vernunft ihre Existenz. Dummheit heißt nicht Urteilslosigkeit - sie verzichtet auf ein Urteil und doch entbehrt sie es nicht im geringsten; Urteilsvermögen hingegen heißt, frei von Dummheit sein.«
Glucksmann S. 205f.

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Glucksmann beschreibt im Kapitel "Theorie der Idiotie in sechs Punkten" den Unterschied zwischen Dummheit und Idiotie und führt einen sonst eher unüblichen Begriff von Idiotie beziehungsweise vom Idioten ein. Idiotie ist nach Glucksmann wie die Dummheit keine Frage der Bildung oder der kognitiven Fähigkeiten - der Topos "Fachidiot" veranschaulicht das -, sie ist eine Geisteshaltung, nämlich die Anmaßung der Herrschaft über das Vorstellungsbild mittels der selbst angemaßten beziehungsweise vermeintlichen Herrschaft über den zuweisenden Code, womit wir wieder bei der Semiotik sind. Glucksmann beschreibt das so (Hervorhebung von mir):

»Jede Botschaft findet ihren Sinn in einem Code. Will man eine Botschaft interpretieren, so hat man zwei Möglichkeiten: man kann entweder das Gesagte selbst befragen oder aber die Art und Weise, wie es gesagt wird. Im ersten Fall wird auf den Gegenstand der Botschaft Bezug genommen, im zweiten Fall auf den sie strukturierenden Code. Die Dummheit stellt sich auf den ersten Standpunkt, den inhaltlichen, und fordert, dass die Wörter und die Dinge auf doppelt eindeutige Weise korrelieren. Die Idiotie richtet sich in der zweiten Möglichkeit ein, der metalinguistischen, wo der Code (als Metasprache) die Korrektheit der Botschaft überprüft. So verschieden auch die Codes beschaffen sein mögen, idiotisieren lassen sie sich alle, die einen mehr, die anderen weniger.«
ebd. S. 264

»Der Dumme führt sich auf, als wäre er Herr über das Ding. Der Idiot, als wäre er Herr über den Code. Dem Dummen kann es passieren, dass er vom Hundertsten ins Tausendste gerät und [...] in eine endlose Suche hineinschlittert. Der Idiot läßt sich nicht so leicht aus der Fassung bringen; er urteilt, ohne selbst beurteilt zu werden; die Erfahrung kann ihm nichts anhaben, selbst wenn sie ihn zu widerlegen scheint, denn diese Widerlegungen sind ja auch zu interpretieren. Und wer soll dies tun? Wer, wenn nicht er? Die Idiotie ist ein höchstinstanzliches Gericht; in ihr findet die verunsicherte Dummheit ihre Daseinsbedingung, nämlich die sichere Ruhe.«
ebd. S. 264f.

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Glucksmann deutet es hier an - Idiotie und Dummheit können durchaus gemeinsam auftreten. Ein beeindruckendes Beispiel für die gelegentliche Kombination von Idiotie und Dummheit lieferte Frau Dr. Giffey Anfang November 2017, seinerzeit als Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln, mit dem sogenannten "Ali-Baba-Spielplatz" - ich habe das in dem Text "Ali Baba und die vierzig Idioten" kommentiert. Dieses Beispiel zeigt aber auch ein anderes Phänomen auf, dessen Bedeutung für den heutigen Diskurs, sofern man diese Kakophonie diverser Sozialgeräusche noch so nennen kann, nicht unterschätzt werden sollte. Verschiebungen im Code und der Begriffszuschreibung und damit auch die Verlagerung der Deutungshoheit gab es schon immer. Allerdings erfolgte diese in der Regel argumentativ, also Kraft der für die Menschen verständlicheren und deshalb durchsetzungsstärkeren Argumente. Heute läuft das a la Humpty Dumpty - »Die Frage ist, wer der Herr ist - das ist alles.« Im Fall des Ali-Baba-Spielplatzes war Frau Dr. Giffey Kraft ihres Amtes als Bezirksbürgermeisterin von Neukölln die Herrin und deshalb steht eine Moschee-Attrappe generell für Ali Baba und seine Räuber und im Übrigen soll das eine arabische Burg darstellen - und basta! Womit sich Frau Dr. Giffey als Herrin über den Code und über das Ding (in Gestalt des Spielplatzes) aufspielte - und das mit Erfolg.

Natürlich entspricht meine Sicht der Dinge ganz und gar nicht den Vor- und Maßgaben politisch korrekten Denkens und ist fast schon Hass und Hetze. Wie das richtig zu sehen ist erklärt uns - wie immer - das Zentralbüro für das Gute und Richtige an und für sich, die Amadeu Antonio Stiftung:
»Ein Spielplatz, gestaltet nach einem Motiv aus der Märchensammlung "Tausendundeine Nacht", ruft Menschen auf den Plan, die eine "Islamisierung" vermuten. Sie fürchten einen kämpferischen Angriff "des Islam" auf eine imaginierte "europäische Kultur" – in diesem Fall subversiv auf einem Kinderspielplatz. Die Verschwörung von einer bewussten oder gar gesteuerten "Islamisierung" Europas ist eine zentrale Erzählung rechtspopulistischer und neurechter Bewegungen. Die Kitaleiterin findet sich mit ihrem partizipativ erarbeiteten Vorschlag plötzlich in einer heftigen öffentlichen Diskussion wieder, die in weiten Teilen islamfeindlich und rassistisch geführt wird und in der sie und weitere Personen zudem öffentlich diffamiert und beleidigt werden. Dieser Fall zeigt exemplarisch, wie schnell rechtspopulistische Dynamiken und Mobilisierungen in extrem rechten Kreisen angestoßen und von dort aus verbreitet werden und mit welcher öffentlichen Wucht sie auch den Kita-Alltag treffen und Mitarbeitende unter Druck setzen können.« [10 Quelle]
Um Missverständnissen vorzubeugen - ich fürchte keine "Islamisierung", sondern eine Totalverblödung der Gesellschaft.

Ein deutlich komplexeres Beispiel - deshalb etwas ausführlicher - für die Kombination von Idiotie und Dummheit im Glucksmannschen Sinne lieferte Herbert Grönemeyer, also der Mann, der den Stechschritt in die deutsche Unterhaltungsmusik brachte, als er am 12. September 2019 in Wien auftrat und die Gelegenheit für etwas nutzte, das im Nachhinein von diversen Medien als "politische Rede" bezeichnet wurde - und die klang so:
»Ich kann mich nicht erinnern, in meinem Leben in Zeiten, ich kannte das nur vom Hörensagen, in Zeiten zu leben, die so zerbrechlich, so brüchig und so dünnes Eis sind und ich glaube, es muss uns klar sein, auch wenn Politiker schwächeln, und das ist in Österreich glaub ich nicht anders als in Deutschland, dann liegt es an uns, zu diktieren, wie eine Gesellschaft auszusehen hat. Und wer versucht, so eine Situation der Unsicherheit zu nutzen für rechtes Geschwafel, für Ausgrenzung, Rassismus und Hetze, der ist fehl am Platze. Diese Gesellschaft ist offen, humanistisch, bietet Menschen Schutz und [zwei unverständliche Worte] und wir müssen diesen Menschen so schnell wie möglich und ganz ruhig den Spaß daran austreiben. Keinen Millimeter nach rechts! Keinen einzigen Millimeter nach rechts! Und das ist so und das bleibt so!« [11 Quelle]
Die Ermordung von Benno Ohnesorg, das Attentat auf Rudi Dutschke, das Münchner Olympia-Attentat, der Deutsche Herbst mit der Ermordung Siegfried Bubacks, Jürgen Pontos und Hanns Martin Schleyers, der Entführung der "Landshut" und der sogenannten Todesnacht von Stammheim, das Oktoberfestattentat in München - alles nicht mitbekommen? Der NATO-Doppelbeschluss, die Kriegspanik anlässlich des NATO-Manövers "Able Archer 83", die 1983 fast in einen dritten Weltkrieg geführt hätte? Tschernobyl, Wackersdorf, Brokdorf, Gorleben, Hamburger Kessel, die dritte Generation RAF mit der Ermordung von Ernst Zimmermann, Karl Heinz Beckurts, Gerold von Braunmühl, Alfred Herrhausen und Detlev Rohwedder - ist das womöglich alles Grönemeyers Wahrnehmung entgangen? Günter Bannas (Jahrgang 1952) beschrieb die seinerzeit allgemein verbreitete Gemütslage so: »Es machte sich so eine Katastrophenstimmung breit, also sozusagen Deutschland oder die Bundesrepublik oder die Menschheit - wir stehen vor dem Abgrund. Noch einen Schritt weiter und dann sind wir alle weg.«
Michael Sontheimer (Jahrgang 1955) berichtet dies zum selben Thema: »Ich habe nicht geglaubt, dass ich älter als Dreißig werde. Wie ich dann zu Tode komme, ob im Atomkrieg oder wie auch immer, war mir egal oder habe ich mir nicht genau vorgestellt, aber die Vorstellung, dass das alles ziemlich schnell den Bach runtergehen könnte, war viel stärker als heute.« [12 Quelle]

Natürlich weiß Grönemeyer das alles und natürlich kann er sich erinnern. (Träfe das nicht zu, wäre die einzige, als Erklärung plausible Alternative eine amnestische Geschichtsvergessenheit infolge eines regelmäßigen oder dauerhaften Konsums von Ecgonylbenzoat und/oder Tetrahydrocannabinol.) Auch die bei Böhmermann auf die Frage, warum er ungern in Talkshows gehe, vorgebrachte Entschuldigung »Weil ich oft rede ohne zu denken«, lasse ich nicht gelten, dafür beansprucht Grönemeyer zu oft die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. [13 Quelle] Nein, die ersten dreißig Worte seiner "politische Rede" sind weder das Resultat einer drogeninduzierten Amnesie noch einer veritablen Denkschwäche, sie sind eine bewusste, klar kalkulierte Lüge. Sie ist gewissermaßen die "argumentative" Basis für Grönemeyers nachfolgendes Postulat, zur Erinnerung wiederhole ich die Passage:
»[...] dann liegt es an uns, zu diktieren, wie eine Gesellschaft auszusehen hat. Und wer versucht, so eine Situation der Unsicherheit zu nutzen für rechtes Geschwafel, für Ausgrenzung, Rassismus und Hetze, der ist fehl am Platze. Diese Gesellschaft ist offen, humanistisch, bietet Menschen Schutz und [zwei unverständliche Worte] und wir müssen diesen Menschen so schnell wie möglich und ganz ruhig den Spaß daran austreiben.«
Das heißt also, dass rechten Schwaflern, Ausgrenzern und Rassisten "so schnell wie möglich und ganz ruhig" der Spaß an der offenen, humanistischen, schutzbietenden Gesellschaft auszutreiben - "wir müssen" - ist. Das wäre die der Grönemeyerschen Logik folgende Lesart. Eine weniger logische Interpretation ist, dass den rechten Schwaflern, Ausgrenzern und Rassisten das Fehlamplatzesein Spaß macht und das muss denen ausgetrieben werden. Die dritte Deutungsvariante impliziert, dass den so Bezeichneten das Schwafeln, Ausgrenzen und Rassistischsein "Spaß" macht, was zur Austreibung prädestiniert, das ließe aber auf ein seltsames Verständnis von Spaß des Herrn Grönemeyer schließen. Ein etwas konkreterer Vorschlag zur Umsetzung der Austreibung wäre wünschenswert gewesen, denkt der Grönemeyer da möglicherweise an die gute, alte Tradition des Exorzismus? An Umerziehungs- und Arbeitslager? An die Reaktivierung beziehungsweise Wiederinbetriebnahme der Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums für Staatssicherheit?

Exakt das, dieser Duktus Grönemeyers, macht die Idiotisierung des Codes im Sinne Glucksmanns aus. Natürlich ist Grönemeyer - wie gesagt - keines der oben aufgezählten Ereignisse entgangen, natürlich weiß er, dass der zweite Teil seiner "politischen Rede" nicht wirklich interpretierbar ist, zumindest nicht nach Maßstäben der Vernunft. Das soll er auch gar nicht sein, es geht nur um den Code, um die Anmaßung der Herrschaft über denselben, verstärkt qua Mikrofon und Status als "Popstar" - ganz wie Humpty Dumpty: »Wenn ich ein Wort gebrauche heißt es genau das, was ich als Bedeutung wähle - nicht mehr und nicht weniger.« - und es funktioniert, denn Idiotie und Dummheit nach der Glucksmannschen Defintion treffen hier aufeinander in Gestalt des jubelnden Publikums einerseits und des medialen Echos andererseits. Die Anmaßung der Herrschaft über den Code, die sich in der Lüge manifestiert, trifft auf die Anmaßung der Herrschaft über das Ding, nämlich - postuliert in "diktieren" - über das Auditorium und die Vehikel der medialen Verbreitung des Codes.

Idiotie ist freilich keine Frage der politischen Selbst- oder Fremdverortung und es war Frau von Storch, die - wenn es einen solchen nach diversen Äußerungen Höckes noch gebraucht hätte - dafür mit ihrer Wortmeldung zu Grönemeyers denkwürdigem Auftritt den Beweis lieferte, und zwar - wo sonst - auf Twitter: »Das ist die furchterregendste, übelste, totalitärste Hassrede, die ich je gehört habe.« (Screenshot) [14 Quelle] Ich hoffe, ich muss jetzt nicht erklären, warum das Storchsche Statement peinlich ist. Wer es wirklich nicht weiß, möge dies hier lesen: "Totalitarismustheorie - Arendt, Brzeziński und die Linke". Wenngleich das wegen der ziemlich hoch liegenden Latte nicht einfach war, versuchte Frau von Storch immerhin, andere Wortmeldung in dieser Sache an Idiotie zu überbieten. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob nun der nachfolgend erörterte Shapira oder die Storch als Gewinner aus diesem kleinen Idiotenrennen herausging, im Ergebnis war Frau von Storchs Reaktion auf Grönemeyer nicht minder idiotisch als Grönemeyers "Rede" selbst.

Auch die sich irgendwie und irgendwo "links" verortenden Zeitgenossen meldeten sich natürlich zu Wort. Die Frankfurter Rundschau wusste beispielsweise unter der Überschrift "Lautstark gegen Rechts - Grönemeyer löst Debatte aus" unter anderem zu berichten: »Der Satiriker Shahak Shapira schrieb: "Vergleichen Leute jetzt Grönemeyer mit Goebbels, nur weil er eine Rede in ähnlicher Lautstärke gehalten hat? Mein Föhn ist ungefähr so laut wie eine Kettensäge und ich bekomme trotzdem unterschiedliche Ergebnisse, wenn ich sie mir an den Kopf halte."« [15 Quelle]

Ich wusste bis zur Lektüre des Artikel nicht, dass "Satiriker" als Berufsstand gilt, mir war Shapira nur als in sehr überschaubaren Grenzen komischer "Comedian" und vor allem als die intellektuelle Leuchte in Erinnerung, die sich von Felix "Kollegah" Blume eine dreiviertel Stunde lang auf die Rolle schieben und verarschen ließ, als beide in einem YouTube-Video über Kollegahs Antisemitismus sprachen, den zu prüfen sich Shapira aus irgendeinem Grund berufen fühlte. Mittlerweile ist das Video nicht mehr abrufbar, ihm Wohlgesonnene sagten Shapira wohl, dass er sich komplett zum Lauch gemacht hatte, wie Kollegah es vermutlich nennen würde. [16 Quellen] Shapiras Selbstbild scheint jedoch keinen Schaden genommen zu haben, er selbst beschreibt sich so: »Shapira vereint tiefschwarze Sketch-Comedy und misanthropischen Stand-up-Humor. Böse und in vielen Geschmacksrichtungen.« Was dann beispielsweise im Originalton Shapira am 19.11.2019 so klingt: »Schaut euch meine Roaster an! Schaut sie euch an, nur Kanacken! Ihr seht aus wie 'ne Ausflugsgruppe aus Bergen-Belsen! Bis auf Maxi [Gstettenbauer Anm. Kupfer] natürlich. [...] Maxi sieht aus wie ein SS-Offizier mit Down-Syndrom.« Oder so: »Wissen Sie, mein Großvater wurde in den Olympischen Spielen in München 72 von Terroristen ermordet, das ist nach Maxis Geburt das Schlimmste, was mir Bayern angetan hat.« [17 Quelle, Hinweis] Die Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation "Schwarzer September" waren Bayern? Na sowas aber auch! Ich fürchte, da muss Geschichte neu geschrieben werden. Wenn man es gut mit ihm meint, was ich natürlich nicht tue, könnte man Shapiras Kommentar zu Grönemeyers Auftritt als Reductio ad absurdum bewerten, irgendwie war er auch der Versuch einer solchen, der allerdings seiner veritablen Dämlichkeit wegen nicht funktionierte, also nichts bewies - außer der Tatsache, dass Shapira sich für wirklich keinen Blödsinn zu schade ist. Shapira gehört - wenn auch zwei, drei Nummern kleiner - mit seinen, gelegentlich als Aktionen deklarierten Auftritten [18 Hinweis] in dieselbe Kategorie semi- oder vorpolitischer Idiotie im oben beschriebenen Sinne wie das sogenannte "Zentrum für Politische Schönheit".

Das "ZPS" und seine Akteure sind zweifellos die derzeitigen Meister im Idioten-Biathlon, also der Kombination aus Idiotie und Dummheit im Zweifach-Wettkampf um die Herrschaft sowohl über den Code als auch das Ding nach der Glucksmannschen Beschreibung. Der vorläufige Höhepunkt war die Aufstellung der sogenannten "Widerstandssäule", die »laut ZPS um einen Bohrkern aus Asche und Knochenresten« enthalten soll, um angeblich »die Unionsparteien so vor einer Zusammenarbeit mit der AfD warnen.« Als am 5. Januar 2020 ein "Aktions-Künstlerkomitee" um den Havemann-Enkel Eliyah Havemann mit der Botschaft »Wer Leid konsumierbar macht, ist Teil des Problems« die vom "ZPS" als solche deklarierte "Schwurstätte gegen den Verrat an der Demokratie" demontieren wollte, fiel dem auch so subversiven "ZPS" nichts besseres ein, als die Polizei zu rufen - die diesem Ruf tatsächlich folgte - und eine Anzeige wegen Sachbeschädigung an einer Sache zu stellen, die dem "ZPS", die ihm wegen der festen Verankerung auf fremden Grund und Boden nicht mehr gehörte, sofern die Säule das wegen ihres angeblichen Inhalts das jemals tat. Der Aufforderung des Bezirksamtes, die Säule bis zum 20. Dezember 2019 zu entfernen, ist das "ZPS" am 15.01.2020 nachgekommen. [19 Quellen]

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Glucksmann beschreibt überdies das spezielle Wesen des Idioten, das ihn von bloßer Blödheit abhebt und ihn so wirkmächtig macht, wie wir es mittlerweile tagtäglich erleben müssen:

»Der Standpunkt des Idioten steht unverrückbar fest: Er urteilt über alle und jeden, über sich selbst lässt er von niemandem urteilen. Nach Dostojewskij ist der Idiot kein Mensch mit einer spezifischen Dummheit. Er verkörpert alle Dummheiten, doch eben nur latent, in keine schlüpft er richtig hinein; gerade durch seine Einfachheit lässt er sich nicht fassen.«
S. 215

»Der Idiot wird in und durch sich selbst definiert, er braucht dazu keinen Umweg über die Vernunft, deren Fehlen er nicht empfinden kann, selbst wenn sie im Nachhinein versucht, ihn zu verfälschen. Er existiert gewissermaßen vor ihr und außer ihr, was nicht ausschließt, dass er sich ihr einmal zuwendet und sie von innen her besitzen will, wie zu allen Zeiten pedantische Gelehrte, lateinisch bramarbasierende Ärzte und wissenschaftliche Revolutionäre bewiesen haben. [...] Er, der allein an seine Selbsterhaltung denkt, wird zur Traumbeute aller Unsterblichkeitsverheißungen und zum Dummen par excellence aller Tartuffes der Religion, der Medizin und der leuchtenden Zukunft. [...] Der Idiot gewinnt immer. Die Möglichkeit zu verlieren liegt nicht in seinem Horizont, er schickt sich mit Glanz und Gloria in seine Verrücktheit, seiner Umgebung bleibt es vorbehalten, ihn zum eingebildeten König im Land seiner Phantasien zu krönen.« [20 Hinweis]
Glucksmann S. 254, S. 258

Als hätte es eines empirischen Beweises für Glucksmanns Thesen gebraucht - Ralf Stegner oder "Ralle", wie ihn seine Fans - voll der Bewunderung für seine kognitiven Volten und linguistischen Pirouetten - nennen, der Stegner Ralf ist nicht nur "Schleswig-Holsteins Twitter-König" (NDR), er ist zugleich einer der deutschen Großmeister praktizierter Idiotie und er trifft mit jedem Versuch, sich des Codes zu bemächtigen, voll ins Schwarze wie kaum ein Zweiter hierzulande. So bedachte er irgendeine Äußerung eines Dritten mit einem Spruch, den jeder Hauptschüler vom Tor des Konzentrationslagers Buchenwald kennen sollte - auf Twitter natürlich, der Rostra des 21. Jahrhunderts der Idiotenlaternenbesitzer (Bild 1, Ausgangs-Tweet). Um etwaigen Klugscheißereien vorzubeugen - nein, die Nazis haben den Spruch nicht erfunden, es waren die Römer. Allerdings sahen die das suum cuique als Prinzip zur Fassung von Begriffen des Rechts und der Gerechtigkeit, während es die Nazis zum Motto des Massenmords pervertierten, weswegen sich eine weitere Verwendung hierzulande verbietet. Wer jetzt denkt, er würde sich korrigieren oder gar entschuldigen, der kennt den Ralle schlecht. Nein, er tritt nach wie ein bockiges Kind und am Ende ist - wer sonst - die AfD schuld (Bilder 2 bis 4).

Nicht, dass solche Entgleisungen des Ralle Stegner neu wären, er hat es immerhin geschafft, die Jüdin Sheryl Sandberg, Chief Operating Officer (COO) von Facebook Inc., mit Beate Zschäpe zu vergleichen - das muss man erst einmal hinbekommen! (Quelle, Screenshot). Was nur den Schluss nahelegt, dass Ralles Sandberg-Witzchen für ausgelassene Heiterkeit im Willy-Brandt-Haus sorgte. Bleibt eigentlich nur, all jenen zu ihrer Entscheidung zu gratulieren, welche diese Versammlung von Knalltüten, die sich unverschämterweise auch noch als Erben Wilhelm Liebknechts und August Bebels ausgeben, gewählt haben. Andererseits - so viele waren es ja nicht. BTW - dass Ralle seiner Muttersprache etwa auf dem Niveau eines mäßig begabten Achtklässlers mächtig ist, macht die Sache vielleicht unterhaltsamer, aber sicher nicht besser.

Wenn ich eines gelernt habe im Internet der sogenannten sozialen Medien, dann dies: Wann immer man denkt, es ginge nicht dämlicher, kommt eine oder einer daher und will unbedingt beweisen, dass da doch noch Luft auf der Idiotenskala nach oben (oder besser nach unten) ist. Weitere Beispiele gefällig? Wie wäre es damit - ein Chorauftritt der "Singers For Future" anlässlich einer "Klimastreik"-Demonstration in Münster 20. September 2019, der zugleich beweist, dass Idiotie nicht zwingend in einer Korrelation zur Bildung steht und auch mit homöopathisch dosiertem Wissen funktioniert: »Wir wollen kein CO2 mehr!« (YouTube). Es ist von ebenso erlesener wie erschütternder Dämlichkeit und eine bittere Anklage gegen das deutsche Bildungswesen, wenn ein, nun ja, Chor und eine schwer überschaubare Menschenmenge klatschend singen "Wir wollen kein CO2 mehr". Ich gehe davon aus, dass ich meiner geneigten Leserschaft nicht erläutern muss, dass Kohlenstoffdioxid eine zwingend erforderliche Vorrausetzung für jedes Leben auf diesem Planeten ist. Die Forderung der Greta Thunberg beziehungsweise ihrer Manuskriptschreiber und ihrer Yahoos, "Unsere Emissionen müssen komplett gestoppt werden", ist ein treffliches Beispiel für Idiotie nach der Definition Glucksmanns. Mit dem ersten Atemzug und dem ersten entfleuchten Pups eines jeden Menschenkindes ist es vorbei mit dessen CO2-Neutralität und 7,8 Milliarden Menschen - ich lernte in der Schule noch, dass 3,5 Milliarden Menschen auf der Erde leben - sind per se nicht klimaneutral und können es auch nie werden. Aber hier geht es ja auch um die Macht über den Code, während sich die Pflasterlatscher die Macht über das Ding an sich einbilden. Was natürlich nicht heißt, dass wir unsere Ansprüche und die daraus resultierende Art zu konsumieren nicht ändern müssen, mehr dazu kann man im Buch Die Weltenretter - Mythos Klimanotstand nachlesen, hier eine Leseprobe (PDF).
Dieses Beispiel ist auch wahrhaft beeindruckend, dargeboten anlässlich einer Veranstaltung von "Fridays For Future" in Berlin am 25. Januar 2019 »Wer nicht hüpft, der ist für Kohle!« (YouTube). Denen fällt tatsächlich nicht auf, wie exkludierend ihr Treiben ist, nämlich für alle, die aus physischen Gründen nicht hüpfen können. Ihnen dürfte auch nicht bewusst sein, wo diese ideologisch-propagandistische Leibesübung ihren Ursprung hat, nämlich in Umzügen veritabler Faschisten und in rechtsextremen Fankurven, ich habe es hier beschrieben: "Was unsere Jungantifaschisten und Gretaschafe mit Faschisten gemeinsam haben". Aber vielleicht ist denen sowohl der eine als auch der andere Umstand auch nur einfach egal.

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Das Umschreiben des Codes ist durchaus erfolgreich - und es folgt selbst in den dämlichsten Ausformungen und Entäußerungen politischen Leitlinien. Man sollte sich nicht einbilden, man habe es hier mit einem eher nebensächlichen Randphänomen zu tun, es gehe ja "nur" um Sprache. Auch heute gilt noch, was Karl Marx und Friedrich Engels in ihrer, in den Jahren 1845 bis 1846 verfassten Schrift "Die deutsche Ideologie" schrieben:
»Jede neue Klasse nämlich, die sich an die Stelle einer vor ihr herrschenden setzt, ist genötigt, schon um ihren Zweck durchzuführen, ihr Interesse als das gemeinschaftliche Interesse aller Mitglieder der Gesellschaft darzustellen, d. h. ideell ausgedrückt: ihren Gedanken die Form der Allgemeinheit zu geben, sie als die einzig vernünftigen, allgemein gültigen darzustellen.« [21 Quelle]
Der Topos "Klasse" hat heute zwar kein physisches Äquivalent mehr, aber die Protagonisten machtpolitischer Leitlinien und Ideologien wie der liberalistisch-globalistischen und ihre Lobbys und Anhänger agieren wie seinerzeit Klassen - und hier geht es um die Macht über die Köpfe zur Durchsetzung politischer Interessen, und seien es nur Partikularinteressen zunächst als randständig erscheinender Kleingruppen. Das Umdefinieren des Begriffes Toleranz in die Bedeutung von Akzeptanz und die Debatte um Identität, Diversität und Gender Equality sind die derzeit augenfälligsten Beispiele, ich habe das Thema in in diesem Artikel erörtert.

Edward L. Bernays, der "Father of Spin", erläuterte in seiner im November 1928 publizierten, im Original 159-seitige Abhandlung "Propaganda" die Prinzipien der psychologisch-propagandistischen Manipulation der Massen - natürlich im Sinne von Freedom and Democracy - was die Schrift zur Pflichtlektüre für alle "social shapers" werden ließ. Als sein Meisterstücke gilt seine Arbeit für die American Tobacco Company, für die er 1929 anlässlich des Osterumzugs in New York den Aufmarsch elegant gekleideter, zigarettenrauchender Feministinnen unter dem Titel "Fackeln der Freiheit" organisierte, was als Bruch des seinerzeitigen Tabus rauchender Frauen und mithin als emanzipatorischer Akt wahrgenommen wurde und der Tabakindustrie eine traumhafte Umsatzsteigerung bescherte. Bernays brachte seine in "Propaganda" beschriebene Sicht 1935 in einer Rede vor der Financial Advertisers Association so auf den Punkt, "that strong men (including publicists) should become human symbols to lead the masses". Alles, was wir heute mit dem Umschreiben des Codes und im Kontext der Debatten um Identität, Diversität und Gender Equality erleben, ist eine de facto wortwörtliche, praktisch buchstabengetreue Realisierung der Propaganda nach Bernays, und zwar exakt als das konnotiert, als das schon der seine Erkenntnisse auswies - als logische, unerlässliche und nachgerade zwangsläufige Voraussetzung einer demokratischer Gesellschaft und als Beweis des Funktionierens derselben zugleich.

»The conscious and intelligent manipulation of the organized habits and opinions of the masses is an important element in democratic society. Those who manipulate this unseen mechanism of society constitute an invisibie government which is the true ruling power of our country. We are governed, our minds are molded, our tastes formed, our ideas suggested, Iargely by men we have never heard of. This is a logical result of the way in which our democratic society is organized. Vast numbers of human beings must cooperate in this manner if they are to live together as a smoothly functioning society. [...] Whatever attitude one chooses to take toward this condition, it remains a fact that in almost every act of our daily lives, whether in the sphere of politics or business, in our social conduct or our ethical thinking, we are dominated by the relatively small number of persons [...] who understand the mental processes and social patterns of the masses. It is they who pull the wires which control the public mind, who harness old social forces and contrive new ways to bind and guide the world.« [22 Quelle, Übersetzung]
Bernays, Edward L.: Propaganda. S. 9f.

Das Umschreiben des Codes des gesellschaftlichen Diskurses - das ist es, womit der Aufmerksamkeitslevel erreicht werden soll, der den Code in die Köpfe dergestalt implementiert, dass Zweifel an diesem gar nicht erst aufkommen oder wenigstens als Frevel wahrgenommen werden, derer man sich zu schämen und sich reuig zu zeigen hat. Zu diesem Zweck werden "rote Linien" gezogen, die vielleicht idiotischste im Glucksmannschen Sinne ist die "Grenze des Sagbaren". Was für ein Schwachsinn! Sagbar ist alles, was sich in Rachen, Mund- und Nasenhöhle mit Gaumensegel, Lippen und Zunge als von den Stimmbändern erzeugter Grundton zu Vokalen und Konsonanten modulieren lässt. Die "Grenze des Sagbaren" dient nur dazu, den Artikel 5 des Grundgesetzes auf die Meinungsfreiheit zu reduzieren - meinen mag jeder, was er will, solange er die Fresse hält. Was diese Gesellschaft wirklich bräuchte, wäre eine Grenze des argumentativ Vertretbaren und gesellschaftlich-diskursiv Verantwortbaren. Aber das klingt natürlich nicht so schön und hätte im Übrigen den Nachteil, dass jene, die sich so gerne auf die "Grenze des Sagbaren" berufen, selbst öfter mal ihre "Meinung" ganz allein für sich behalten müssten.

Das Umschreiben des Codes und das Definieren der Grenzen des "Sagbaren" zieht natürlich neue Narrative nach sich. So erklärt beispielsweise die Amadeu Antonio Stiftung mit folgenden Worten der geneigten Leserschaft den "Denkfehler", aus welchem die "irrige" Meinung resultiert, dass alle Leben zählen:
»Wenn in einer Straße mit zehn Häusern eines brennt und die Feuerwehr anrücken muss, wird sie dieses Haus löschen. #AllLivesMatter-Vetreter*innen müssten in diesem Fall allerdings erst diskutieren, denn: Alle Häuser zählen. Ist es wirklich fair, wenn die Feuerwehr erst das brennende Haus löscht? Was ist mit dem Nachbarhaus, auf dessen Dach Ziegel fehlen? Müsste die Feuerwehr diesen Schaden nicht erst reparieren, damit wirklich alle Häuser fair behandelt werden und nicht einfach das eine Haus allen anderen vorziehen, nur weil es in Flammen steht?« [23 Quelle]

Hin und wieder zeitigt das groteske Resultate, wie der Fall der Rachel Marshall, Gründerin und Inhaberin von "Rachel's Ginger Beer" in Seattle und Birkenstock-Botschafterin. Rachel Marshall wähnte sich immer auf der Seite des Guten, Wahren und Schönen an und für sich, sie war politisch korrekt und eine Verfechterin einer diversifizierten und inklusiven Gesellschaft - und hatte leider die Zeichen der Zeit ein wenig verpeilt. Nicht nur aus modischen Gründen, sondern auch als Ausdruck ihrer solidarisch-antirassistischen Haltung, so dachte sie jedenfalls, trug sie seit einer kleinen Ewigkeit eine Rastafrisur mit blonden Extensions - und sah sich quasi über Nacht einer Kampagne wegen "BIPOC fetishization" ausgesetzt. Ein Instagram-Account mit dem Namen "Cultivate Propagate" ließ Rachel Marshall wissen:
»We aren’t in a post-racial utopia. And there is no federal law to protect Black people from being penalized for their natural or protective hairstyling. Hell, we are still trying to convince everyone Black Lives Matter. So, until racial equity is achieved in wealth, politics, education and work, white people should not be wearing dreads out of love, solidarity and respect for Black people.«
Dem Statement schloss sich ein Boykottaufaufruf an und zahllose User fanden diese Denunziation lobens- und likenswert. Und was tat die arme Rachel? Sie ließ die Community dies hier wissen:
»I have come to understand - far too belatedly - that my hairstyle is harmful. It is clear that I have been stubbornly resistant, and I sincerely apologize to those I hurt. I am deeply sorry for the pain I caused to members of the african-american community, who have been and still are discriminated against & mistreated for having dreadlocks, and I'm so sorry that it took so long to admit and address my mistake. [...] Going forward, I will work in consultation with diversity and equity representatives to ensure my companies’ policies, practices and actions align with our intention to maintain a fair, equitable and enjoyable workplace for everyone. I commit to doing better, as an individual and with my companies, and to being more responsive to feedback in the future. I thank the people who have taken the time to express their concerns and help me learn.«
Rachel Marshall vereinbarte einen Termin beim Friseur - Selbstverleugnung und Selbsterniedrigung vor dem wütenden Mob, deklariert als Erkenntnisgewinn. Auch das ist ein Resultat der Idiotisierung der Gesellschaft in der westlichen Welt. [24 Quellen]

Das ausgesprochen Perverse an dieser Entwicklung ist, dass es zu erheblichen Teilen ausgerechnet die sich als "Linke" verstehenden Apologeten der Habermas-Postulate und ihre Adepti exemptus sind, die das Postulat vom herrschaftsfreien Diskurs de facto zu erwürgen und durch eine Art betreutes Denken inklusive ritualisierter Selbstverleugnung ersetzen - und das in Kollaboration mit den liberalistisch-globalistischen Imperialisten, was die Sache noch perfider macht. Ich selbst betrachte es mittlerweile als Beleidigung, als "links" bezeichnet zu werden und bekenne mich - so ich das für nötig halte - als orthodoxer Marxist. Nun gut, keiner der "Linken" bezeichnet mich heute noch als "links" und das anfangs Seltsame, sicher aber irgendwie auch Logische und mittlerweile öfter mal Komische ist, dass meine Position seit einiger Zeit von "Linken" und Gutunmenschen (Lisa Eckhart) in der Nähe des Feldlagers der Rechten verortet wird.

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In den letzten Jahren wurde das Netz zum Vehikel und zum Durchlauferhitzer der Idiotisierung der Gesellschaft. Ursprünglich war das Netz - nicht nur für mich - die Realisierung der Utopie eines herrschaftsfreien Diskurses in gesamtgesellschaftlicher Breite. Der Topos wurde in dem 1981 erschienenen Werk "Theorie des kommunikativen Handelns" - das als sein Hauptwerk gilt - von Jürgen Habermas beschrieben beziehungsweise definiert. Habermas postuliert darin folgende Diskursnormen:

Ja, auch wenn es heute allenfalls - so es denn überhaupt verstanden wird - ein müdes Lächeln hervorruft - das hoffte und glaubte ich und anfangs ließ sich das auch ganz gut an. Bevor ich mich ab Frühjahr 1999 häufiger im Internet umsah - im WWW, wie das damals üblicherweise hieß -, war ich täglich im Usenet unterwegs. Dieses heute de facto nicht mehr existente, auf dem NNTP-Protokoll basierende Netz bestand aus ungefähr 70.000 bis 100.000, so genau weiß das niemand, hierarchisch strukturierten und dezentral auf Newsservern organisierten Gruppen, die der Netzstruktur entsprechend zum Beispiel so hießen: de.talk.tagesgeschehen. Dort geführte Debatten sahen in etwa so aus. Was den jetzt eigentlich fälligen Früherwarallesbesser-Mimimi-Einwand angeht - ja, das war es zumindest in dieser Hinsicht und es lässt sich dank Archiv.org auch beweisen. Dort findet man nämlich auch ein von mir seinerzeit - von 1999 bis zu seiner Einstellung im Jahr 2004 - gerne und oft besuchtes, von Parsimony gehostetes Forum, von dem es damals hieß, dass man es - wenn überhaupt - wegen der dortigen Flame Wars nur mit Schutzweste und Stahlhelm betreten sollte und das sich heute, in der Rückschau gelesen, wie die Debattierrunde eines philosophischen Seminars ausnimmt. Genau da liegt der Unterschied - zwischen Flame War und Shitstorm. Seinerzeit lieferten sich die User flammende Wortgefechte, heute werfen sie mit ihrer Scheiße. [25 Hinweise]

Eine kleine Auswahl intellektueller Glanzleistungen heutiger Internet-User. Die Verfasser dieser Meisterleistungen sind ausweislich ihrer Benutzerprofile alle autochthone Deutsche, also deutsche Muttersprachler. Quelle: Dudenalarm! (Facebook, Login erforderlich)

                                   

Heute - gute zwanzig Jahre später - erstaunt mich immer wieder, dass - und in welchem Tempo - die Leute auf Hass drehen, sobald man eine nicht mehrheitskonforme Ansicht zum Besten gibt. Mittlerweile ist das Phänomen auch im Realleben virulent, in Gesprächen kann einem das heute auch passieren. Dabei geht es meistens nicht einmal um die Erörterung existenzieller Probleme, sondern in aller Regel um Banalitäten, die früher allenfalls mit einem Так что quittiert worden wären. Was ist mit den Leuten in den letzten zehn Jahren passiert? Liegt es daran, dass sich seit der Einführung der Flatrates, der schnellen Internetverbindung vor allem der ohne jede netztechnische Kenntnisse nutzbaren, euphemistisch soziale Netzwerke genannten Meinungs-Plattformen auch und gerade das mentale Prekariat praktisch kostenlos und in Echtzeit seine "Meinungen" in die Welt vomieren kann? (Ich kann mich noch gut an die Zeiten mit Minutentarifen bei Geschwindigkeiten von 64 kbit/s bei ISDN-Kanalbündelung und meine erste DSL-Leitung mit 768 kBit/s im Sommer 2001 erinnern.)
Heute - gute zwanzig Jahre später - nimmt die Kommunikation in den sogenannten sozialen Netzwerken, den Tempeln des Hedonismus und des virtuellen Irrsinns, immer mehr soziopathische und psychopathische Züge an. Ich wollte eigentlich auch hier einige Beispiele anführen, aber ich ertrage diesen Wahnsinn nicht. Deshalb verweise ich an dieser Stelle auf die Texte meines Kollegen Olaf Francke (Facebook, Login erforderlich) auf seiner Webseite Störenfried - Mut zur Unruhe! Laut sein. Unbequem denken!, die das Problem eindrücklich und auf den Punkt gebracht beschreiben.

Fußnoten, Anmerkungen und Quellen

[1] Carroll, Lewis: Alice hinter den Spiegeln. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1974. Erstausgabe: Through the Looking-Glass, and What Alice Found There. Macmillan 1871. Auszug aus Kapitel VI: Goggelmoggel (engl. Humpty Dumpty)

[2] André Glucksmann bei Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/André_Glucksmann

[3] Glucksmann, André: Die Macht der Dummheit. Ullstein, Frankfurt a.M. 1988. Erstausgabe: La Bêtise. Edition Grasset & Fasquelle, Paris 1985

[4] Hier irrt sich Glucksmann, Gustave Flauberts Brief vom 6. Oktober 1850 war nicht an Louis Bouilhet adressiert, sondern an seinen Onkel François Parain, einen Juwelier, der in Nogent-sur-Seine lebte.
Université de Rouen Normandie Édition électronique des lettres de Flaubert
Université de Rouen Normandie Flauberts Korrespondenz 1850
Zum Finden des Briefes die Webseite nach Thompson durchsuchen.

[5] Walther, Hans; Gerhard, Paul [Hrsg.]: Proverbia sententiaeque latinitatis medii ac recentioris aevi. Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters und der frühen Neuzeit in alphabetischer Anordnung. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1982.
Hans Walther (1884-1971) war ein deutscher Philologe.

[6] Keith B. Alexander bei Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Keith_B._Alexander

[7] Keith B. Alexanders Information Dominance Center https://www.zerohedge.com/...

[8] Foreign Policy über Keith B. Alexander https://foreignpolicy.com/... (Memento 22.11.2013 Internetarchiv archive.org)

[9] Bank Policy Institute bei Wikipedia https://en.wikipedia.org/wiki/Bank_Policy_Institute

[10] Amadeu Antonio Stiftung [Hrsg.]: "Ene, mene, muh – und raus bist du!" Ungleichwertigkeit und frühkindliche Pädagogik. Berlin, 2018. Download PDF https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/...

[11] "Politische Rede von Herbert Grönemeyer": https://www.youtube.com/watch?v=t5jgozwQKB0

[12] Quelle: Dokumentation "Die 80er - Das explosive Jahrzehnt, Teil 1 - 1980-83: Kalter Krieg und heißer Rock" (ZDFinfo)
Netzseite des ZDF zur Doku-Reihe https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/...
Teil 1" auf YouTube, Sprungmarke zur oben zitierten Stelle https://www.youtube.com/watch?v=zEvYIjMC05U&feature=youtu.be&t=925 (YouTube)
Alle drei Teile der Doku-Reihe online https://dokustreams.de/die-80er-das-explosive-jahrzehnt/ (Verlinkung nach YouTube)
Günter Bannas bei Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Günter_Bannas
Michael Sontheimer bei Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Sontheimer

[13] Herbert Grönemeyer zu Gast im Neo Magazin Royale mit Jan Böhmermann https://www.youtube.com/watch?v=Kp2Knao6Qu8 (00:01:30)

[14] Beartix von Storch zum Grönemeyer-Auftritt in Wien https://twitter.com/beatrix_vstorch/status/1173155114439380993

[15] Lautstark gegen Rechts - Grönemeyer löst Debatte aus. Frankfurter Rundschau 16.09.2019 https://www.fr.de/kultur/musik...

[16] Quellen: Shahak Shapira im Gespräch mit Kollegah https://www.jetzt.de/antisemitismus/...
Kollegah im Gespräch über Antisemitismus mit Shahak Shapira https://hiphop.de/video/...
Youtube-Gespräch über Antisemitismus https://taz.de/Youtube-Gespraech...

[17] The Roast of Shahak Shapira https://www.youtube.com/watch?v=Hg2yp-jPEws
Hinweis: Shapiras Großvater Amitzur Shapira war Leichtathletik-Trainer und wurde wurde 1972 beim Münchner Olympia-Attentat von palästinensischen Terroristen ermordet. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Amitzur_Schapira Die Schreibweise des Nachnamens ist uneinheitlich, was mit den Unterschieden in der deutschen und englischen Transkription zusammenhängt. Im Hebräischen beginnt der Name mit einem Schin ש, das entweder als sch (deutsch) oder sh (englisch) transkribiert wird. Allerdings hätte sich der Verfasser des Wikipediaartikels auf eine Variante festlegen sollen, korrekt sind beide.

[18] Shapira bei Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Shahak_Shapira

[19] Tagesspiegel 02.12.2019 zur Säulen-Aktion des "ZPS" https://www.tagesspiegel.de/berlin/aktion-in-berlin...
Spiegel 02.12.2019 zur Säulen-Aktion des "ZPS" https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/zentrum...
Spiegel 05.01.2020 zur Abbau-Aktion https://www.spiegel.de/kultur/tv/zps-juedische-aktivisten...
Reaktionen bei Twitter https://twitter.com/hashtag/Akkvorschlaghammer?src=hash
WDR: Künstlerkollektiv baut umstrittene Asche-Säule ab https://www1.wdr.de/kultur/...

[20] Seinerzeit, als der Wortschatz der Deutschen auch in Sachen Schimpfwörter noch deutlich umfangreicher war, wurden - insbesondere in Kreisen, die man heute als bildungsnah bezeichnet - heuchlerisch-betrügerische Zeitgenossen als Tartuffe bezeichnet. Meine Großeltern mütterlicherseits haben den Begriff noch in diesem Sinne verwendet. Die Benennung geht zurück auf die Hauptfigur der Komödie Le Tartuffe ou L’Imposteur (Der Tartuffe oder Der Betrüger) von Molière, die am 12. Mai 1664 im Beisein des Sonnenkönigs Ludwig XIV. uraufgeführt, danach zensiert und nach diversen Änderungen in schließlich einer dritten Fassung zugelassen und ab 5. Februar 1669 erneut aufgeführt. Diese Fassung ist die heute bekannte, die beiden ersten gingen verloren.

[21] Karl Marx, Friedrich Engels: Die deutsche Ideologie (Wikipedia)
MEW, Band 3, Seite 47 PDF online lesen

[22] Edward L. Bernays: Propaganda. Horace Liveright Inc, New York, November 1928.
»Die bewusste und intelligente Manipulation der organisierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiges Element in der demokratischen Gesellschaft. Diejenigen, die diesen unsichtbaren Mechanismus der Gesellschaft manipulieren, bilden eine unsichtbare Regierung, die die wahre Regierungsmacht unseres Landes ist. Wir werden regiert, unser Verstand wird beeinflusst, unser Geschmack geformt, unsere Ideen werden suggeriert, größtenteils von Männern, von denen wir noch nie gehört haben. Dies ist ein logisches Ergebnis der Art und Weise, wie unsere demokratische Gesellschaft organisiert ist. Eine Vielzahl von Menschen muss auf diese Weise zusammenarbeiten, wenn sie als eine gut funktionierende Gesellschaft zusammenleben wollen. [...] Welche Haltung man auch immer man zu diesem Zustand einnehmen mag, es bleibt eine Tatsache, dass wir in fast jedem Akt unseres täglichen Lebens, sei es in der Politik oder in der Wirtschaft, in unserem sozialen Verhalten oder unserem ethischen Denken, von der relativ kleinen Anzahl von Personen dominiert werden, [...] welche die mentalen Prozesse und sozialen Muster der Massen verstehen. Sie sind es, die die Drähte ziehen, die den öffentlichen Verstand kontrollieren, die alte soziale Kräfte nutzen und neue Wege finden, um die Welt zu binden und zu leiten.« (Eigene Übersetzung)

[23] "Ist Black Lives Matter ein Motto, das Weiße ausschließt?" https://www.belltower.news/rassismus-ist-black-lives-matter...

[24] Instagram-Post von "Cultivate Propagate": https://imginn.com/p/CCQ_N__ARbE/
Public Apology For Wearing Dreadlocks: https://www.dailywire.com/news/seattle-business-owner...

[25] Usenet: https://de.wikipedia.org/wiki/Usenet
Netiquette: http://www.kirchwitz.de/~amk/dni/netiquette
Usenet-ABC-Wiki https://usenet-abc.de/wiki/Info/Team-ListeAllerSeiten
Die Usenet-Laws: http://www.bruhaha.de/laws.html
Parsimony.net: https://parsimony.net/
Flame: https://de.wikipedia.org/wiki/Flame_(Netzkultur)

Bildquellen

Bild 1 DBI Architects Inc. in: Greenwald, Glenn: Inside the mind of NSA chief Gen Keith Alexander. The Guardian 15.09.2013
https://www.theguardian.com/...

Bild 2, Bild 3 Steve Cutts. Die Bilder sind Szenenbilder beziehungsweise Screenshots aus dem Video Moby & The Void Pacific Choir - Are You Lost In The World Like Me? (YouTube).
Netzseite von Steve Cutts http://www.stevecutts.com/
Steve Cutts bei Wikipedia https://en.wikipedia.org/wiki/Steve_Cutts