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Grundsätzlich ist festzustellen, dass man natürlich sofort hört, welche skandinavischen Bands den russischen Black/Symhonic/Industrial Metal beeinflussten. So hört man beispielsweise der Scheibe "Ересь" von Tremor ...
https://www.youtube.com/watch?v=PrAG6ypmSwg
... und Arcanorum Astrum ...
https://www.youtube.com/watch?v=Es27p5rO1_I
... den Einfluss von Dimmu Borgir an, bei der Scheibe "Ретроспектива 1.0" von АДА ...
https://www.youtube.com/watch?v=Ael2wxzYRLY
... ist der Inspiration durch Peter Tägtgrens Band Pain deutlich und bei der Band Hellbomb ...
https://www.youtube.com/watch?v=ZjxOjT7N36Y&fbclid=
... klingt unüberhörbar Attila Csihar mit Mayhem heraus. Das heißt aber nicht, dass diese russischen Bands ihre skandinavischen Vorbilder einfach kopieren. Nein, sie machen vielmehr dort weiter, wo die Skandinavier irgendwann - je nach Band - zwischen 2005 und 2010 aufhörten. Seitdem hat sich in der dortigen Szene des Genres eine saturierte Altersmilde breitgemacht, was sicher auch daran liegt, dass etliche Bands ihren kreativen Zenit erreicht resp. überschritten hatten. Das ohne Frage traurigste Beispiel ist Christofer Johnssons Therion, die sich nach ihrer letzten guten Scheibe "Gothic Kabbalah" (2007) offenbar entschlossen, fürderhin steampunkähnliches Kaspertheater zu veranstalten. Das wird auch an der Zahl der Neuproduktionen des Genres deutlich, Peter Tägtgren (Hypocrisy, Pain) produzierte seinerzeit in seinem Abyss Studio (in einer aufgegebenen psychiatrischen Klinik in Pärlby, die er gekauft hatte) so ziemlich alles, was im Genre Rang und Namen hatte. Und heute? Ein Blick auf die nach Jahren sortierte Liste der Produktionen des Studios macht deutlich, was ich meine:
https://www.discogs.com/de/label/271863-The-Abyss

Der Abgang dieser Generation verlief zeitgleich mit dem Niedergang des westlichen Okkultismus - zumindest des in Orden und Logen organisierten -, der nach einem rasanten Aufstieg ab Anfang der 1990er Jahre ebenfalls zwischen 2005 und 2010 stattfand, ich habe das hier am Beispiel des Ordo Templi Orientis illustriert:
O.T.O. - Camps, Oriente und Logen in den USA [Bild]
Das betrifft auch Scientolgy und gleichwohl die selbst sich nicht für Okkultisten halten - meistens, weil sie es nicht besser wissen resp. wissen wollen -, hatte Ron L. Hubbard sowohl die Dianetik als auch die Kirche aus diversen Versatzstücken aus Aleister Crowley's Fundus zusammengebastelt und an diesem okkulten Fundament hat sich bis heute nichts geändert. Näheres dazu hier:
https://www.mentopia.net/public/2008_01_aha_2019.pdf [PDF]

Diese Synchronizität des Niedergangs zweier Kulturphänomene kann man seltsam oder auch logisch finden, zu übersehen ist sie jedenfalls nicht. Man kann nun trefflich spekulieren, wie und warum es zu dieser Entwicklung und der Synchronizität kam, was freilich immer bloße Spekulation bleibt, zumindest solange man keinen Zugang zu den Kellern im Archiv der Glaubenskongregation hat. :-) (Anmerkung: Den Begriff Synchronizität habe ich bewusst gewählt, weil er nach C.G. Jung die zeitliche Korrelation nicht kausal voneinander abhängiger Ereignisse bezeichnet, die aber als miteinander verbunden und aufeinander bezogen wahrgenommen werden.)
Mit dem Beginn der Niedergangsphase im Westen um 2005 begann der Aufstieg der russischen Black/Death/Symhonic/Industrial Metal-Szene. Natürlich gab es schon vorher Bands dieses Genres, die freilich weitläufig über dieses riesige, sich über 150 Längen- und 40 Breitengrade in 11 Zeitzonen erstreckende Land verteilt waren. Die Bands entwickelten in dieser Zeit eigene Profile und es entstand ein Netzwerk von Studios, Labels und Musikverlagen, die im Genre tätig waren und sind.
Ein wesentlicher Unterschied zum westlichen Black/Death/Symhonic Metal ist, dass die russischen Bands sich kaum am Christentum abmühen. Zwar findet man auch dort im Auftreten und auch in Texten Versatzstücke, die landläufig unter den Topoi "satanisch" resp. "satanistisch" subsumiert werden, aber die Beschäftigung mit dem Christentum hat nicht die aversiv-kontroversen und hin und wieder fast schon manischen Züge, wie sie Bands des Genres aus katholisch oder protestantisch geprägten Regionen eigen ist. Ein Beispiel für letzteres Phänomen ist - um im Osten zu bleiben - die nach wie vor aktive Band Behemoth des Danziger Gitarristen und Sängers Adam "Nergal" Darski, beispielsweise hier ...
https://www.youtube.com/watch?v=HKWqzjQAv14
oder auch hier:
https://www.youtube.com/watch?v=UA_j_72psoo
Der Grund dafür dürfte die andere Verteilung und Gewichtung der Religionen der russländischen Nation sein, dazu mehr im nächsten Beitrag zum Thema Pagan-Metal. Grundsätzlich ist natürlich auch heute noch richtig, was Aleister Crowley am 02.07.1933 dem "Sunday Dispatch", einer seinerzeit sehr poulären britischen Wochenzeitung, die von 1801 bis 1961 existierte, im Interview zum Thema Black Magic resp. Satanismus sagte: "To practice black magic you have to violate every principle of science, decency, and intelligence. You must be obsessed with an insane idea of the importance of the petty object of your wretched and selfish desires. [...] I despise the thing to such an extent that I can hardly believe in the existence of people so debased and idiotic as to practice it."
(zitiert nach Kenneth Grant, The Magical Revival, Weiser, New York 1973)

[*] Der erwähnte Youtubekanal sammelt ein breite Palette russischer Hardrock - und Metallmusik und ist hier zu finden:
https://www.youtube.com/user/metalrusmedia/videos



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